Natürliches Vertrauen

a bright day

Sehr gerne halte ich mich in Cafés in der Stadt auf. Sei es zum Schreiben, oder einfach zum Sein, um den Moment zu geniessen. In Cafés fühle ich mich geerdet, kann zur Ruhe kommen. Cafés können eine Oase sein, kräftebringend (nicht nur wegen der Koffeinzufuhr), ruhig, ehe man wieder Teil der lebendigen lauten Stadt wird.
Was mich immer wieder erstaunt, wie  sorglos Leute plaudern in Kaffeehäusern. Was man, natürlich vorallem wenn man alleine im Lokal sitzt, mitbekommt, auch gerade hier in der Hauptstadt, ist immer wieder erstaunlich bis unglaublich. Hier trifft sich so eine manche, ein mancher, Politiker/in, Geschäfts- oder auch Privatpersonen mit seinesgleichen oder auch mit anderen.
Lauschen von Gesprächen, das gehört sich natürlich nicht. Doch manchmal, wenn etwas gerade in unmittelbarer Nähe besprochen wird, kann man einfach nicht weghören. Und das ist ja auch nicht schlimm – höchstens für den Mithörer selber. Man kann zum Beispiel unfreiwilliger Zeuge von Dialogen wütender Geschäftsmänner, die ganz und gar nicht zufrieden sind mit einer soeben beendeten Session des Grossen Rates, sein. Wir kennen alle solche Geschichten.

Ich finde es schön, dieses natürliche Vertrauen, das in Lokalen (natürlich nicht nur in Cafés) vorhanden ist. Man nimmt einfach an oder geht davon aus, dass allfällige Mithörer/innen Gehörtes nicht weiterverwenden oder gar missbrauchen. So sollte es sein.

Wenn ich die aktuelle Debatte anschaue, die im Netz herrscht, sieht es da bitterer aus. Ein Grundvertrauen der Internetnutzenden, vorallem den Behörden gegenüber, ist nicht mehr vorhanden – zu Recht, wie unter anderem Snowden bewiesen hat. Zumindest bei Teilen der Internetnutzenden ist das Vertrauen nicht mehr vorhanden, zerstört worden, so müsste der vorangehende Satz wohl angepasst werden. Und ein – wohl noch kleinerer – Teil unternimmt etwas dagegen (vorallem in in eigener Sache, in den allermeisten Fällen zumindest), zum Beispiel mit Verschlüsselung.

Wie schön wäre es, in einer Welt zu leben, in der es ein – gerechtfertigtes! – natürliches Vertrauen überall gibt – im Kaffeehaus, aber auch im Internet.
Unbekümmert zu sein, das ist doch etwas vom Schönsten.

Die Sache mit der Überwachung

Heute am 5. Juni ist der „Reset the net-Tag“. Ein Jahr nach Snowden.

Resetthenet.org empfiehlt unter anderem, unsere Kommunikation abhörsicher zu machen, zu verschlüsseln, so das Netz zu „resetten“, es wieder offen und sicher zu machen – tönt ja zuerst ganz gut, doch für mich ist es zugleich auch ein Widerspruch in sich – verschlüsseln, um ein offenes Netz zu haben.  Es kann doch nicht sein, dass wir uns vor den Regierungen schützen sollen, den Regierungen, die doch eigentlich unter anderem zu unserem Schutz da sind … ?
Verschlüsselung und Co. in allen Ehren – davon will ich ja nicht abraten – jedoch ist dies doch der falsche Ansatz.

Ein Jahr nach den (ersten) Enthüllungen Snowdens – und praktisch nichts ist passiert – all unsere digitale Spuren werden überwacht, als wäre nichts geschehen (Korrektur: hier in der Schweiz werden von den Behörden nur die „Randdaten“ aufgezeichnet; spannender Artikel hierzu: klick).
Nicht nur die NSA, sondern (unter anderem) auch die schweizerischen Behörden gehören gebremst.

An der Demonstration letzten Samstag gegen das BÜPF  (BÜPF in Kurzform: erweiterte Überwachung  bzw. noch längere Vorratsdatenspeicherung, sowie Nutzung von Staatstrojaner) in Bern auf dem Bundesplatz beteiligten sich mickrige 400 Personen. So ein geringes Interesse – das finde ich traurig.

Warum so wenig Interesse an der doch so wichtigen Thematik, frage ich mich – ist es der grossen Masse etwa egal, dass unser aller Handeln aufgezeichnet wird? À la „ich habe ja nichts zu verbergen, also macht mir die Überwachung nichts aus“?