Heimat I

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Freitag Abend.

Nach langer Zeit reise ich wieder ins Oberland, dorthin, wo ich aufgewachsen bin.
Die SBB-Seite verrät, dass um achtzehn Uhr der Zug ziemlich voll sein wird.
Also beschliesse ich, etwas länger im Büro zu bleiben, und eine halbe Stunde später zu reisen.
Ein guter Entschluss, es hat genügend Platz im Zug, und es die Stimmung ist angenehm.

Einzig der Kerl, der direkt vor mir sitzt nervt mich etwas – er schreibt auf seinem Natel, mit lauten Tastentönen. Tastentöne – ich kann nicht begreifen, warum man diese eingeschaltet hat. Gleichzeitig frage ich mich, ob ich zu heikel bin, dass mich so etwas, eigentlich eine Lappalie, stört.

Ich überlege, ob ich mich irgendwie beschäftigen soll während der Zugfahrt, die nicht ganz eineinhalb Stunden dauert. Ich sehe davon ab, es ist ein schöner Tag, und die Aussicht zu bewundern reicht vollends aus – und ich geniesse sie. Anders als früher, als ich noch pendelte und die Strecke täglich zweimal zurücklegte.
Überhaupt ist die Wahrnehmung dieser mir schon so lange bekannten Landschaft eine gänzlich andere als füher – die Berge scheinen höher und imposanter, das Tal unglaublich grün.
Aber so ist das wohl, wenn man Distanz zu etwas gewinnt.

Nach etwa einer Stunde Fahrt nimmt eine Mitreisende ein Gespräch auf dem Natel entgegen – und begibt sich in das Zwischenabteil, um das Gespräch dort zu führen. Das imponiert mir irgendwie – ist es doch irgendwie unter anderem ein schönes Zeichen von Respekt gegenüber den Mitmenschen.

Das Ankommen in der Heimat – dies geschieht nicht erst bei der Ankunft im Bahnhof.
Schon im Zug kommt ein „heimeliges“ Gefühl auf, als ich den melodischen, einzigartigen Dialekt bei vielen der Mitreisenden höre.

7 Gedanken zu „Heimat I“

  1. Es ist schon merkwürdig, dass man manche Dinge mit etwas Distanz näher oder grösser wahrnimmt als wenn man dichter dran ist…
    Der Bericht ist eine schöne Einstimmung, die neugierig auf „Heimat II“ und „Heimat III“ und „Heim…

    Fröhlichaufgewecktsonnige Grüsse vom Schwarzen Berg

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  2. Man kann online sehen, ob ein Zug voll werden wird? Meinst du, wenn du einen Sitzplatz reservieren möchtest?

    Mit Tastentönen gehts mir übrigens genau wie dir. Morgens in der Bahn frage ich mich: Warum um alles in der Welt schaltet man diese Töne nicht einfach ab. Es muss doch nicht jeder ringsrum jeden einzelnen Tastendruck mitbekommen?! Je nachdem wie ich drauf bin, empfinde ich es manchmal als unnötige Belästigung.

    Heimkommen ist immer ein schönes Gefühl. Du hast das gut beschrieben.

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  3. Bereits wenn man eine Verbindung für einen bestimmten Zeitraum sucht, wird angezeigt, wie voll der Zug (voraussichtlich) sein wird.
    Ich gehe davon aus, dass das Schätzungen sind oder Erfahrungswerte. Ziemlich praktisch jedenfalls, finde ich.
    Jedoch reicht eigentlich auch der gesunde Menschenverstand aus – der einem sagen kann, dass zu Rush hour-Zeiten nun mal am meisten Leute unterwegs sind.

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  4. Schön! Und ich habe gerade durch Dich ein neues Wort gelernt: Natel! 😀 Nie vorher gehört. Danke!

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