11. Juli 2013
Die Abreise aus Moskau nach Petersburg ist für 13.30 Uhr geplant, um diese Zeit fährt der Zug, bei der Leningradski Station.
Im Vorfeld habe ich übers Hostel ein Taxi bestellt, welches um 12.30 Uhr erscheinen sollte. Leider trifft dann dieses nicht um diese Zeit ein, nach zehn Minuten warten frage ich bei der Hostel-Reception nach. Diese telefonieren mit der Taxi-Firma, „two minutes“ heisst es. Auch nach zwei und leider auch nach zehn weiteren Minuten kein Taxi in Sicht.
In der Hostel-Lobby melde ich mich erneut, die beiden jungen Frauen fangen einen Telefon-Marathon an. Alles nützt nichts. Viertel nach Eins sagt die eine der Frauen, dass sie mitkommen werde, wenn denn das Taxi kommen sollte.
Schliesslich, um 13.20 Uhr trifft ein schwarzer Mercedes ein – unsere Fahrgelegenheit. Zusammen mit der Hostel-Angestellten geht es los zum Bahnhof. Scheinbar weiss der Taxifahrer nicht wirklich wo jener ist. Bei einer roten Ampel wird die Adresse in eine Ipad eingegeben, es geht rasant weiter, im „Russian Style“, wie die nette Hostel-Angestellte neben mir meint. Das Tempo ist recht halsbrecherisch, und einmal müssen wir einer sich im Einsatz befindlichen Ambulanz ausweichen, wir sind mitten auf der vielspurigen Strasse.
Nach zehn Minuten Fahrt gelangen wir beim Bahnhof an. Dieser wird zur Zeit gerade umgebaut, doch wir finden rasch heraus, wo die Gleise sind.
Scheinbar muss für Reisen nach St. Petersburg das Gepäck geröntgt werden, doch dank der Dringlichkeitsbekundung, welche meine Helferin gegenüber dem Bahnpersonal äussert, kann ich das Durchleuchten überspringen und direkt zum Zug eilen.
Der Zug fährt los, ohne dass ich ihn erwischt habe. Haarknapp verpasst!
Meine Begleiterin bietet an, mir beim weiteren Vorgehen zu helfen, d.h., einen Zug zu finden und ein Billet zu organisieren. Schnell finden wir heraus, dass ein gleicher Zug heute um 16.40 nach Petersburg fährt, und um circa 21 Uhr dort ankommt. Das tönt schon mal gut.
Am Billetautomaten versuchen wir mit meiner Kreditkarte ein Ticket zu kaufen, das gelingt nicht, warum auch immer. Und alle anderen Billettautomaten sind defekt.
Meine Begleiterin (ich weiss ihren Namen nicht) fragt mich, ob es für mich hier im Bahnhof heruntergekommen, anders als bei uns aussehe. Ich bejahe.
Im Gespräch erfahre ich, dass meine nette Helferin ursprünglich aus Moldawien kommt und auch schon in Belgien gelebt hat, und insgesamt vier Sprachen spricht.
Wir machen uns auf zum Kassenschalter, wo Billette auf herkömmliche Art und Weise zu erwerben sind. Ingesamt gibt es etwa 10 Schalter, bedient von der typischen älteren, nicht gerade freundlichen Klischee-Schalterbeamtin (ich habe hier nur Frauen gesehen).
In der Schlange stehend, erhält meine Begleiterin eine Nachricht. Sie muss aufbrechen, sie wird im Hostel verlangt. Sie schreibt mir noch einen Zettel, den ich dann der Schalterbeamten zeigen kann, sodass keine Verständigungsprobleme entstehen.
Ich bedanke mich bei ihr, bin ich doch sehr froh um diese Hilfe gewesen. Sie wünscht mir Erfolg und verschwindet.
An die Reihe gekommen, kann ich denn auch alles äussern, und will dann das Billet bezahlen.
Leider ist das dann nicht möglich; die Dame sagt mir, meine Kreditkartenlimite sei aufgebraucht. Das Billet kostet 6800 Rubel, und leider habe ich nur 5500 in Bar dabei. Fremde Währungen werden (natürlich) nicht akzeptiert.
Also habe ich keine andere Wahl, Geld aufzutreiben und nochmals anzustehen. Bei den drei Geldbezugsautomaten, bei welchen ich mein Glück probiere, habe ich keinen Erfolg. Die Geldausgabe wird mir verweigert, warum ist nicht ersichtlich. Auch mit der Postkarte funktionierts nicht.
Ich rufe mit dem Natel an in die Schweiz, teile bei Postfinance mein Problem mit.
Mir wird gesagt, dass die Limite noch nicht erreicht sei, es seien noch mehr als genügend Geld verfügbar. Auch auf meinem Konto sei noch Geld, eine Barbezug sollte auch hier möglich sein. Jedenfalls gibt es kein Problem seitens meines Kontobetreibers.
Nochmals versuche ich mein Glück beim ersten Schalter, und mit Hilfe eines Russen klappt hier die Geldausgabe.
Mit Bargeld ausgestattet, mache ich mich nochmals auf, um anzustehen.
Eine englisch sprechende Frau erklärt mir, dass in Russland viele Menschen beim Anstehen quasi in mehreren Reihen vertreten seien, dass sie bei anderen anstehenden Personen sagen, dass sie noch Anspruch auf einen Platz in der Reihe haben. So können die jeweiligen Personen (bestenfalls) schneller vorwärtskommen.
Nach einer ganzen Weile kann ich dann das langersehnte Ticket ergattern. Da ich so lange in der Kassenhalle gewartet habe, ist dafür die Wartezeit auf den Zug umso geringer.
Ich frage einen anderen Reisenden, ob man hier im Bahnhof Fotos machen dürfe. Er trägt ein Shirt einer amerikanischen Pharmafirma und scheint für diese zu arbeiten, darum vermute ich, dass er Englisch spricht. Dem ist aber nicht so; er versteht scheinbar, ob er ein Foto von mir machen kann. Auch recht, so lasse ich ein Foto von mir machen, im Hintergrund die russischen Züge. Indirekt scheint auch meine Frage beantwortet zu sein, ob man hier fotografieren dürfe 🙂
Um circa 15.30 kann ich „einchecken“, d.h. Mein Gepäck und mich durchleuchten lassen (es piepst, aber das interessiert niemanden), um dann auf dem Perron vor dem Zug zu warten. Jener ist nämlich schon da, aber noch verschlossen.
Kurz vor Fahrtbeginn wird der Zug geöffnet.
Mein Abteil in der 1. Klasse ist durchaus angenehm, ebenso meine russischen Mitreisenden.
Nach etwa vier Stunden Fahrt erreichen wir St. Petersburg.
So stilvoll wurde der Kaffee im Zug serviert.
Ich habe herzlich gelacht und mir vorgestellt, wie ich wohl reagiert hätte.
Systeme ändern sich unter Umständen rach, die Mentalitäten der Menschen hingegen. Das kann ich hier auf dem Schwarzen Berg auch öfters erleben.
Immerhin scheint ein Billet 1. Klasse billiger zu sein, als ich vermutete.
Weiterhin eine gute Reise!
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köstlich. lg stefan
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Oh Mann… ich glaube das wäre níchts für mich.
Aber Deinen Berichten folge ich ganz gespannt!
LG, Petra
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Sehr unterhaltsam! Gruss aus Winterthur! Christa
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